Ausstellung beendet

Iron Men – Mode in Stahl

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Mode in Stahl

29. März – 26. Juni 2022

Ein Harnisch besteht aus Eisen, nicht selten sogar aus Stahl. Trotz des harten Materials ist ein Harnisch aber überraschend beweglich.

Gehen, laufen und springen ist möglich. Falls nötig, lassen sich im Harnisch sogar Purzelbäume schlagen.

Ein Harnisch setzt sich aus vielen Teilen zusammen – die wichtigsten sind Helm, Kragen, Brust und Rücken sowie Arm- und Beinzeug.

Ein Handschuh kann aus bis zu siebzig Metallstücken bestehen, ein Harnisch aus bis zu 200.

Der Harnisch ist ein männliches Kleidungsstück.

Das deutlichste Symbol dafür ist die Schamkapsel. Sie war Teil der textilen Kleidung, aber auch mancher Harnische.

Ein Harnisch ist ein stählernes Kleidungsstück.
Er war modisch und unterlag wie alle Kleidung dem Zeitgeschmack.

Es gibt sogar Harnische mit stählernen Röcken oder Puffärmeln.

Dies ist einer der außergewöhnlichsten Harnische der Renaissance, ein Bravourstück deutscher Plattnerkunst.
Er gehörte einst Wilhelm von Rogendorf (1481–1541), einem Diplomaten und Feldherren Kaiser Karls V.

Doch Rogendorf verwendete ihn nicht im Gefecht. Er dürfte damit bei festlichen Einzügen für Aufsehen gesorgt haben.

500 Jahre ist es her, dass der Harnisch militärisch und kulturell in Europa ein prägendes Phänomen war. Trotzdem ist diese archetypische stählerne Schutzkleidung in der Sprache unserer Zeit weiterhin präsent:

Wir verdienen uns Sporen. Wir brechen für jemanden eine Lanze. Wir veranstalten sportliche Turniere.

Der Harnisch spielte vielfältige Rollen im Leben von Männern und auch so mancher Frau – als Kleidung und Verkleidung, vom Kinderharnisch bis zum Funeralhelm.

Harnische für Kinder

Söhne von Fürsten erhielten in der Renaissance mitunter schon in jungen Jahren kleine, voll funktionsfähige Harnische.

Kinderharnisch für Philipp I. den Schönen, König von Kastilien (1478–1506)

Hans Prunner (erwähnt 1482–1499)
Innsbruck, 1488/89
Stahl, getrieben; Messing; Leder
H. 121 cm; 5,2 kg
Kunsthistorisches Museum Wien, Hofjagd- und Rüstkammer, Inv.-Nr. A 9

Philipp bedankte sich 1488 bei Erzherzog Siegmund (1427–1496) für einen in Aussicht gestellten Harnisch. Er bat um einen einfachen, funktionalen Harnisch und schickte als Größenvorlage Wams und Hose.

Kinderharnische waren aber nicht für den Kampf gedacht.

Vielmehr sollten sie die dynastische und politische Stabilität der regierenden Familie betonen. Sie zeigten, dass die nächste Generation bereitstand.

Mehrfach ist belegt, dass sich diese jungen Söhne wohl nicht ohne Stolz in ihren neuen Harnischen zeigten. Andere warteten gespannt auf ihren neuen Harnisch, wie etwa der zehnjährige Philipp der Schöne (1478–1506), der Sohn Kaiser Maximilians I. (1459–1519).

Harnische für Kinder waren luxuriöse Objekte. Sie kosteten nicht weniger als Harnische für Erwachsene. Doch der junge Träger war zumeist rasch herausgewachsen.

Diese Harnische waren maßgefertigt. Sie ließen sich zumeist nicht einfach weiterverwenden, etwa vom jüngeren Bruder. Daher sind nur sehr wenige Kinderharnische erhalten.

Manche der kleinen Harnische ließen sich in begrenztem Rahmen dem Körperwachstum der jungen Träger anpassen. Zusätzliche Löcher bei den Verschlüssen ermöglichten es, die eisernen Teile weiter zu stellen.

Kaiser Maximilian I. erwähnt 1516 in einem Brief spezielle Schrauben, mit denen ein Kinderharnisch „drew jar lang gerecht beleiben muge“ – drei Jahre lang verwendet werden könne.

Auch Erwachsene wuchsen – zwar zumeist nicht mehr in die Höhe, aber oft in die Breite. Nahm ein Mann zu, wie etwa dieser Herr aus der italienischen Herrscherfamilie Gonzaga, blieb ihm zumeist nur die Anschaffung eines neuen Harnischs übrig.

Eindrucksvoll zeigen dies auch die Harnische König Heinrichs VIII. von England (1491–1547). Jene aus seiner Jugend lassen einen sportlich trainierten Körper erahnen. Jene aus späterer Zeit waren für einen massiv übergewichtigen Menschen geschaffen.

Im Livre de Chevalerie („Buch der Ritterlichkeit“, um 1380) heißt es:

»Wir kennen doch alle solch eingeschnürte Herren, die ihren Harnisch in Eile wieder ablegen, weil sie ihn einfach nicht mehr ertragen können.«

Diese Figürchen sind das einzige, vollständig erhaltene Turnierspielzeug des späten Mittelalters. Nur die beiden Lanzen sind modern.

An den Grundplatten ließen sich Bänder einfädeln. Mit deren Hilfe konnten die Spieler die Reiter gegeneinander ziehen. Traf eine der Lanzen den gegnerischen Reiter, so fiel dieser vom Pferd.

Die jungen Spieler wussten wohl genau über die Regeln und Tricks des damals populären Turniersports Bescheid.

Turnier – Wettkampf, Politik und Show

Das Turnier des späten Mittelalters mag für uns fremd und brutal erscheinen. Doch die Lust am sportlichen Risiko ist heute wie damals ungebrochen groß – nur die Art des Sports hat sich verändert.

Ein Turnierharnisch war wie unsere moderne Sportausrüstung für die speziellen Risiken des Wettkampfes optimiert und bot guten Schutz.

Das Turnier entstand im Hochmittelalter, wohl Ende des 11. Jahrhunderts. Es diente zunächst als militärisches Training für die damals neue Waffenart der Lanze.

Das Wort „Turnier“ leitet sich vom lateinischen „tornare“(drehen, wenden) ab – heute noch erkennbar im französischen „tourner“ und im englischen „to turn“. Das Wort bezieht sich auf die rasch wiederholten Wendungen bei diesem Training.

Die Übungen stellten sich als idealer Rahmen heraus, um ritterliche Geschicklichkeit zur Schau zu stellen. Sie wandelten sich rasch zu aufwendig inszenierten sportlichen Wett- und Schaukämpfen. Die Turniere waren von Festmahlen, Tänzen und Umzügen gerahmt.

Turniere fanden oft aus Anlass wichtiger politischer Veranstaltungen statt, wie Reichstage, Krönungen oder Hochzeiten. Sie dienten dem Knüpfen von Kontakten, dem diplomatischen Austausch und nicht zuletzt als Heiratsmarkt.

Es gab viele unterschiedliche Formen des Turniers. Für jede Turnierart entwickelten sich spezielle Harnische. Diese unterschieden sich in Form und Konstruktion zum Teil stark.

Links ist ein Harnisch für das Plankengestech zu sehen. Die Reiter waren dabei durch eine Absperrung – einen Plankenzaun – voneinander getrennt. Sie zielten mit ihren Lanzen auf den Schild, der auf dem Harnisch des Gegners festgeschraubt war.

Rechts ist ein Harnisch für das Fußturnier zu sehen. Die Teilnehmer traten hierbei zu Fuß etwa mit Schwertern oder Streitkolben zum Wettkampf an. Der Hüftbereich war durch einen weiten stählernen Rock geschützt.

Die Damen des Hofes kontrollierten bei der sogenannten Helmschau die Abstammung der Teilnehmer. Sie taten dies gemeinsam mit dem Herold, einem wappenkundigen Hofbeamten. Fand sich ein nicht standesgemäßer Bewerber, so landete dessen Helm mitunter auf der Straße.

Die Damen konnten vor dem Wettkampf einem der Reiter eine sogenannte Faveur überreichen. Dies waren kleine Gunstbeweise (vgl. engl. to favour), zumeist ein Tuch, ein Krönchen oder eine Schulterdecke. Der Ritter führte sie an Helm oder Lanze und verteidigte sie gegen Versuche der anderen, sie ihm abzuringen.

Am Ende des Turniers kam der edelsten Dame des Hofes zumeist die Aufgabe zu, dem Sieger den Preis zu überreichen. Dabei konnte es sich um ein Schmuckstück, ein edles Pferd oder ein kostbares Schwert handeln.

Hitze und Gewicht

Ein stählerner Harnisch war eine Schutzkleidung für Krieg und Turnier. Er besteht aus Eisen und ist daher, wenig überraschend, schwerer als textile Kleidung.

Doch ein Harnisch ist leichter und flexibler, als viele vermuten würden.

Die Vorstellung, ein Harnisch sei untragbar schwer und würde den Träger massiv einschränken, ist moderner Unsinn. Ein Harnisch ist dafür gemacht, sich in ihm und mit ihm am Körper zu bewegen.

Der stählerne Harnisch war eine europäische Erfindung und wurde vor allem in Europa verwendet. Er war im Wesentlichen ein Phänomen des späten Mittelalters und vor allem der Renaissance.

Der Harnisch war optimiert für die Bedingungen des Kampfes mit Lanze und Schwert. Zunächst bot er Schutz vor den Waffen der Infanterie, wie Spieß, Pfeil und Armbrust.

Ein Harnisch ist nicht leicht, aber leichter und flexibler, als er scheint. Ein Kriegsharnisch wog zumeist ca. 20 bis 25 kg. Dies ist in etwa so viel wie die Ausrüstung der modernen Feuerwehr.

Doch das Gewicht verteilte sich auf den gesamten Körper. Demgegenüber lastet ein vollgepackter Rucksack einzig auf den Schultern.

Schwerer sind nur einige spezielle Arten des Harnischs: Turnierharnische konnten ca. 35 kg wiegen. Späte schussfeste Harnische brachten aufgrund der stärkeren Feuerwaffen sogar bis zu 50 kg auf die Waage.

Bewegungsstudien

Ein Harnisch besteht aus einer Vielzahl an Einzelteilen, oft bis zu 200. Diese Teile waren flexibel miteinander verbunden. Gehen, laufen und springen im Harnisch ist daher ohne Probleme möglich, auch Treppen steigen, auf den Boden legen und wieder aufstehen.

Mit etwas Training kann ein Mensch sogar »voll geharnischt« auf den Rücken seines Pferdes springen, wie es für Jean II. Le Meingre, gen. Boucicaut (1366–1421), überliefert ist.

Dies bedeutet aber nicht, dass ein Harnisch so komfortabel zu tragen wäre, wie textile Kleidung. „Jedem klugen Menschen wird klar sein, dass sich ein nicht geharnischter Mann schneller bewegt, als ein geharnischter“, meint etwa Gutierre Diaz de Gamez’ in seinem Buch El Victorial (um 1436–1448).

Um sich an das Tragen eines Harnischs zu gewöhnen, empfahl Olivier de la Marche in Le Chevalier deliberé (1483) „ein Ringpanzerhemd anzulegen und die Schuhe mit Blei zu beschweren.“

Trotzdem sind auch in der Renaissance Fälle von Frauen belegt, die an kriegerischen Auseinandersetzungen teilnahmen. Manche Frauen dürften dies aus finanzieller Not getan haben, andere aber wohl auch aus Abenteuerlust.

Am 7. Jänner 1602 unternahmen spanischen Truppen einen Ansturm auf die niederländischen Festung Ostende. Nach den Kämpfen tauchte unter den zahlreichen gefallenen Männern unerwartet auch „ein Spanisch Weib mit mans Kleider angethan“ auf.

Diese Frau sei, so der Bericht zur Belagerung, beim Angriff „mit gesturmt“.

QUERELA PACIS – DIE KLAGE DES FRIEDENS, 1517

Der niederländische Humanist Erasmus von Rotterdam schrieb 1517 im Auftrag des jungen späteren Kaisers Karl V. eine programmatische Rede über die Bedeutung des Friedens. Er hatte sie für den für 1517 geplanten, nie durchgeführten internationalen Friedenskongress in Cambrai vorgesehen.

„Es ist beschämend, daran zu denken, aus welch geringen, welch läppischen Gründen christliche Fürsten die Menschheit in den Krieg treiben.“

„An Euch appelliere ich, Ihr Herrscher, von deren Befehl hauptsächlich das Menschengeschick abhängt, … besinnt Euch … zum Frieden, … wie die ganze Welt durch das lange Unheil erschöpft, Euch darum anfleht, … dies für das gemeinsame Glück aller zu geben.“

Zitate aus: Erasmus von Rotterdam, Die Klage des Friedens (übersetzt von Brigitte Hannemann), Zürich 1998

Über den Tod hinaus

Helme galten schon im Mittelalter und in der Renaissance als Sinnbilder für das Rittertum.

Helme brachten die politische und militärische Macht des Trägers symbolhaft zum Ausdruck. Sie waren hoch geschätzte persönliche Besitztümer.

Daraus entstand der Brauch, Helme, manchmal sogar ganze Harnische, im Gedenken an einen Verstorbenen in einer Kirche aufzuhängen.

Die Bezeichnung „Funeralhelm“ leitet sich von lateinisch „funus“ (Begräbnis, Bestattung) ab.

Helme gehörten zur Gruppe jener Insignien und Rangabzeichen, die bei Begräbnissen von Fürsten im Trauerzug mitgeführt wurden.

Es gibt zwei Arten von Funeralhelmen. Entweder kamen echte, stählerne Helme zur Verwendung. Diese stammten oft aus dem Nachlass des Verstorbenen. Oder die Helme wurden speziell für ein Begräbnis gefertigt. Diese bestanden aus bemaltem Holz und wären für den Einsatz im Kampf völlig ungeeignet gewesen.

Funeralhelme waren meist mit Zimieren – Helmzierden – ausgestattet. Diese waren heraldisch oder politisch zu deuten. Sie dienten aber auch als fantastischer Schmuck.   

In der Kirche wurden Funeralhelme zunächst oft auf dem Grabmal des Verstorbenen positioniert. Längerfristig fanden sie zumeist hoch oben über dem Grab an der Kirchenwand ihren Platz.

Ein Funeralhelm symbolisierte einerseits die kriegerischen Leistungen und das ritterlich-tugendhafte Leben des Verstorbenen, andererseits die Rückgabe seiner weltlichen Macht an Gott.

Vor allem in englischen Kirchen hängen noch heute einige Funeralhelme. In der Kathedrale von Canterbury etwa ist der Helm von Edward of Woodstock, genannt der „Schwarze Prinz“ (1330–1376) zu sehen.

Topfhelm mit Helmzier für Albert von Prankh (?)

Österreichisch, um 1330
Eisen, geschmiedet; Zimier: Leder; Leinen; Kreidegrund, blattvergoldet, blattversilbert; Lasur
H. 72,3 cm, B. 24,2 cm, T. 29 cm
Kunsthistorisches Museum Wien, Hofjagd- und Rüstkammer, Inv.-Nr. B 74

Der sogenannte Prankher Helm befand sich einst in der Stiftskirche von Seckau in der Steiermark. Er war dort hoch oben im südlichen Seitenschiff der Kirche aufgehängt, unterhalb zweier Totenschilde der Adelsfamilie Prankh.

Vom Eisenerz zum Harnisch

An der Produktion eines Harnischs war eine Vielzahl an Menschen mit jeweils speziellen Fachkenntnissen beteiligt.

Minenarbeiter holten das Erz aus dem Berg, Hüttenarbeiter gewannen daraus das Eisen.

Plattner fertigten die Harnischteile. Maler, Grafiker und Goldschmiede verzierten sie.

Schneider, Riemer und Gürtler lieferten die textilen und ledernen Beschläge. Tischler stellten die Kisten für den Transport her.

Der Künstler überzog die Eisenplatte mit einem säurebeständigen Ätzgrund. In diese Schicht ritzte er die Dekoration bis zum Blech ein. An den freiliegenden Stellen fraß sich die Ätzflüssigkeit in die Platte.

Hatte die Zeichnung die gewünschte Tiefe erreicht, reinigte der Künstler die Platte. Die Vertiefungen konnte er dann schwärzen oder vergolden.

Die Ätztechnik ist seit dem Hochmittelalter in der Waffendekoration nachweisbar. In der Renaissance übernahmen Grafiker die Technik und entwickelten daraus das Verfahren der Radierung.

Harnische gab es in qualitativ und preislich unterschiedlichen Ausführungen, von der billigen Massenware bis zur luxuriösen Maßfertigung.

Viele Plattner stellten tausendfach formgleiche Brust- und Rückenteile zur Ausrüstung von Fußsoldaten her. Berühmte Meister wie Lorenz Helmschmid (um 1445–1516) und Filippo Negroli (um 1510–1579) hingegen schufen künstlerisch herausragende Einzelstücke.

Bei der Anfertigung maßgeschneiderter Harnische stellte sich den Plattnern aber ein Problem: Der Harnisch musste exakt an den Körper des Trägers angepasst werden. Doch dieser lebte oft weit entfernt. Naturmaße ließen sich nur selten nehmen.

Plattner behalfen sich daher oft mit Hose und Wams des zukünftigen Trägers als Vorlage. Oder sie fertigten Papierausschnitte, die sich der Käufer an den Körper hielt. Nur für die allerwichtigsten Aufträge, für Kaiser und Könige, reisten Plattner mitunter quer durch Europa, um an Bauch und Beinen Maß anzulegen.

Er ließ sich daher im spanischen Toledo die Beine in Wachs abgießen und danach ein Modell in Blei anfertigen. Diesen exakten Abguss seiner Beine ließ er nach Augsburg transportieren.

In Augsburg nutzte Helmschmid dieses Modell als Vorlage, um das bestellte Beinzeug präzise an den Körper des Kaisers anzupassen.

In manchen Fällen passte ein bestellter Harnisch trotz aller Hilfsmittel am Ende doch nicht.

Dann blieb dem Käufer nur das übrig, was Herzog Albrecht von Preußen (1490–1568) 1531 getan hat – er reklamierte. Albrecht schrieb aus dem preußischen Königsberg an den Plattner Kolman Helmschmid in Augsburg:

»Wir ersuchen Dich, den von Dir für uns gefertigten Harnisch, der uns nicht passt, […] zurecht zu machen.«

Darunter und darüber – was trage ich zum Harnisch?

Der geharnischte Mann der Renaissance trug unter und über seinem Harnisch zusätzliche Kleidungsstücke.

Jene über dem Harnisch waren kostbar und repräsentativ.

Sie bestanden aus teuren Geweben, zeigten mitunter das Wappen des Trägers und unterstrichen dessen herausragende Stellung.

Jene unter dem Harnisch waren funktional und schützend.

Sie bestanden aus einfachen Materialen, verhinderten Wundscheuern und milderten die Einflüsse von Hitze, Kälte und Nässe.

Der geharnischte Mann trug über seinem Harnisch etwa einen Waffenrock.

Dieser zeigte das Wappen und andere Symbole des Trägers, schützten ihn aber auch vor Sonneneinstrahlung und Feuchtigkeit.

Auch Accessoires bereicherten die Erscheinung des geharnischten Mannes. Er trug nicht selten eine goldene Halskette, etwa jene, die seine Zugehörigkeit zu einem ritterlichen Orden anzeigte. An seiner Linken führte er ein Schwert, das oft aufwendig verziert war.

Am Helm trug er Federn mit goldenen Zierappliken. Bei einem Turnier montierte er einen fantasievollen Aufsatz – ein sogenanntes Zimier – am Helm.

Gugel – kapuzenartige Kopfbedeckung

Kurze Ringpanzerhose – kurze Hose aus Ringgeflecht, der Form nach Boxershorts ähnelnd

lederne Schuhe mit Gamaschen

Der Reiter

Albrecht Dürer (1471–1528)
1498
Feder in Braun, Aquarell
408 × 324 mm
Wien, Albertina, Inv.-Nr. 3067
Ein Zimier ist eine Helmzierde, eine plastisch ausgeführte Dekoration des Helms.

An zahlreichen Helmen finden sich Bohrungen am Scheitel, die einst der Montage dieser Verzierungen dienten.

Ursprünglich hatte das Zimier heraldische Bedeutung. Es zeigte die Identität des Trägers an. Doch im spätmittelalterlichen Turnier war es vorrangig ein fantasievoller, symbolhafter und möglichst spektakulärer Helmschmuck.

Die Motive der Turnierzimiere verwiesen oft auf Mut und Stärke des Trägers. Andere bezogen sich auf die Minne, die kultivierte, höfische Liebe. Oft waren sie aber auch humorvoll und sollten möglichst große Aufmerksamkeit erzielen.

Zimiere wie diese Sonne waren aus bemaltem oder vergoldetem Holz oder Pappmaché gefertigt.

Geweihe waren eine vielfach verwendete Zimierform. Es finden sich Geweihe von Hirschen, Rehen, Gämsen, Widdern, Elchen und auch Büffelhörner.

Dieses Zimier zeigt die sog. Schandfeige (manus fica), eine obszöne Geste, die mit dem modernen ausgestreckten Mittelfinger vergleichbar ist. Sie war ein Symbol der Passion Christi, im Turnier aber wohl auch ein sportlicher Kraftausdruck.

Dieses Zimier zeigt eine goldene Krone mit einer Eule. Die Eule hatte mannigfaltige symbolische Bedeutung. Unter anderem stand sie für den Leidensweg Jesu.

Der Löwe war eines der am häufigsten verwendeten Wappentiere. Er symbolisierte Stärke, Macht und Herrschaftsanspruch.

Der Adler ist neben dem Löwen das häufigste Wappentier. Der schwarze Adler auf goldenem Grund war das Wappentier des Heiligen Römischen Reiches.

Dieses Zimier zeigt das Rad der Fortuna, der römischen Glücks- und Schicksalsgöttin. Ihrem Drehen am Rad und dem steten Wandel von Glück und Unglück ist jeder ausgeliefert, egal ob Bauer oder König. Das gekrönte „M“ steht für Kaiser Maximilian I. (1459–1519).

Das von einem Pfeil durchbohrte Herz war schon im Mittelalter ein Symbol des Liebesschmerzes. Motive, die auf die Liebe anspielen, sind in den Turnieren jener Zeit häufig nachzuweisen.

Bildausschnitte aus Freydal, Turnierbuch Kaiser Maximilians I.

Mode in Stahl

Ein maßgefertigter Harnisch der Renaissance war ein repräsentatives Kleidungsstück.

Er sollte nicht nur den menschlichen Körper im Kampf vor Verletzungen schützen, sondern auch schön aussehen und der aktuellen Mode entsprechen.

Ein Harnisch brachte das Prestige des Trägers, dessen Macht und Würde – oder zumindest dessen Streben danach – zum Ausdruck.

Im Harnisch spiegeln sich die ästhetischen Vorlieben der Zeit und Kultur, in der er entstanden ist.

So sind süddeutsche Harnische von 1480/90 schlank geschnitten und wirken grazil. Englische Harnische von 1570/80 hingegen sind rundlich geformt und mit ausladenden Hüften ausgestattet.

Die Ästhetik des Harnischs – das Stählerne, das Panzerhafte – prägte in der Renaissance maßgeblich die modische Erscheinung des Mannes.

Lucas van Valckenborch porträtierte 1579 Erzherzog (später Kaiser) Matthias (1557–1619) zweimal. In beiden Gemälden ist Matthias in engen, bunten Hosen zu sehen, einmal in Blau, einmal in Rot. Dazu trägt er einmal eine vergoldete Harnischbrust, das andere Mal ein textiles Wams mit demselben panzerhaften Charakter.

Mehr noch, versteifte Wämser dieser Art wurden auch in Stahl ausgeführt.

So ist ein Bruststück für Don Juan de Austria (1547–1578) von um 1575 mit einer Knopfleiste ausgestattet. Sie imitiert das Aussehen eines zeitgenössischen textilen Wamses. Doch die Knopfleiste ist rein dekorativ.

Aus der Renaissance haben sich mehrere stählerne Korsetts erhalten. Sie waren alle eindeutig für Frauen gemacht, doch ihre Verwendung ist umstritten. Sie dürften medizinischen, aber auch modischen Zwecken gedient haben.

Der französische Militärarzt Ambroise Paré (um 1510–1590) beschrieb 1575 Metallkorsetts, mit deren Hilfe, so die damalige Überzeugung, eine Fehlstellung der Wirbelsäule korrigiert oder dieser vorgebeugt werden sollte.

Manche Frauen benützten Korsetts und eiserne Bleche aber auch, um eine schönere Taille zu formen. Dies ist etwa für Margarete von Valois (1553–1615), Tochter König Heinrichs II. von Frankreich, archivalisch belegt.

Der modische Einfluss textiler Kleidung auf Harnische wird besonders deutlich bei den sogenannten Faltenrock-Harnischen.

Lange, in Falten gelegte Röcke waren Teil der männlichen Mode des frühen 16. Jahrhunderts, vor allem im süddeutschen Raum. In einigen seltenen Fällen haben sich Harnische mit stählernen Imitationen dieser textilen Röcke erhalten.

Kaiser Maximilian I. bestellte 1512 einen Harnisch dieser Art für seinen jugendlichen Enkel, den damals zwölfjährigen späteren Kaiser Karl V. Die Ausnehmungen an Vorder- und Rückseite erleichterten es dem Träger zu gehen.

Gepufft und geschlitzt – die Landsknechtsmode

Die Landsknechte waren die süddeutschen Söldnertruppen der Renaissance. Sie waren militärisch hochbedeutend und genossen daher Privilegien, die ihren Ausdruck auch in deren Mode fanden.

Die Kleidung der Landsknechte war oft extravagant – farbenfroh, üppig gebauscht und geschlitzt. Ihr auffälliges Erscheinungsbild beeinflusste die Kleidung bis in die allerhöchsten Ränge.

Einige Plattner imitierten die Merkmale der landsknechtischen Mode in Stahl. Sie schufen Harnische, die wie geschlitzt erscheinen. Manche haben Puffärmel, die mit der Illusion spielen, sie bestünden nicht aus hartem Metall, sondern aus weichem Textil.

„[Ich habe] zu dergleichen Mustern einen sondern Lust. [Es sei] unser guetlich Begeren, [dass] Du wollst uns uf dieselbige Form auch ain solichn Harnasch machen. [Ich bin bereit], etlich Gelt darauf zu geben.“

Albrecht Markgraf von Brandenburg-Ansbach (1490–1568), 1515, in einem Brief an den Augsburger Plattner Kolman Helmschmid (1471–1532)

Der Harnisch als Verkleidung

Der Harnisch war ein Kostüm. Der Träger schlüpfte mit ihm in eine Rolle. Der Harnisch sollte Tugenden vermitteln, die als erstrebenswert angesehen wurden – Mut, Stärke, Tapferkeit.

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Helm mit Visier in Form einer Tierschnauze für Kaiser Ferdinand I. (1503–1564)

Hans Seusenhofer (1470–1555), Leonhard Meurl (gest. 1547)
Innsbruck, 1526/29
Stahl, geschmiedet, getrieben, geätzt, feuervergoldet; Messing, feuervergoldet; Leder
H. 33 cm, B. 23 cm, T. 38 cm; 4 kg
Kunsthistorisches Museum Wien, Hofjagd- und Rüstkammer, Inv.-Nr. A 461
Turniere fanden nicht selten zur Faschingszeit statt. Harnische waren bei diesen Festen oft auch fantasievolle Verkleidungen.

Plattner schufen für diesen Zweck fantastische Helmvisiere mit menschlichen oder tierischen Gesichtern oder mythologischen Fratzen. Diese Werke waren Ausdruck ihrer Kreativität und Meisterschaft in der Bearbeitung von Stahl.

Helme dieser Art dürften auch schon in der Renaissance auf jene Reaktion abgezielt haben, die sie noch heute hervorrufen – sie wirken skurril und scherzhaft.

Turnierreiter trugen bei ihren Wettkämpfen nicht selten auch weibliche Accessoires, wie etwa Kopfbedeckungen oder Brautschleier. Diese waren symbolhafte Anklänge an die Liebe oder auf konkrete dynastische Allianzen.

Ain ganze rüstung … sambt aim helmblin, wie ain greifenkopf geformiert“

Beschreibung des Helmes für Albrecht Herzog von Preußen, Inventar der Sammlung Erzherzog Ferdinands II., 1596

Alla turca

Im 15. und 16. Jahrhundert eroberten die Osmanen im Nahen Osten, Asien, Nordafrika und Europa großflächig Territorium. In Europa wurden sie daher als übermächtig und furchteinflößend wahrgenommen. Ihre Macht und Kultur riefen aber auch Respekt und Interesse hervor.

Europäische Fürsten sammelten und tauschten türkische Waffen. Plattner produzierten Harnische und Waffen in Stilen, die als türkisch empfunden wurden. Türkische und im türkischen Stil geschaffene Objekte dienten als hochgeschätzte Geschenke.

Einzug osmanisch gekleideter Höflinge
in: Freydal, Turnierbuch Kaiser Maximilians I.

Süddeutsch-österreichisch, 1512/15
Gouache mit Gold und Silber gehöht auf Papier
26,5 × 38,5 cm
Kunsthistorisches Museum Wien, Kunstkammer (Hofjagd- und Rüstkammer), Inv.-Nr. KK 5073, fol. 172

Harnische und Waffen im alla turca-Stil fanden Verwendung als Kostüme für höfische Feste. Sie dienten aber auch der Bewaffnung von Truppen, die aus taktischen Gründen ähnliche Ausrüstung wie ihre osmanischen Gegner benötigten.

All’antica

Mit der Renaissance entstand ein neues Interesse an der griechisch-römischen Antike. Dies spiegelt sich in den Harnischen jener Zeit, die im all’antica-Stil gestaltet waren – in einer als antik empfundenen Form.

Die Wurzeln dieser Mode dürften in der in Italien verbreiteten Faszination für römische Triumphzüge zu suchen sein. Die Nachfrage nach bildlichen Darstellungen dieser literarischen Feste befeuerte die Kreativität der Künstler.

Im 16. Jahrhundert waren Harnische im all’antica-Stil hoch in Mode. Der Träger verwandelte sich durch das Anlegen eines solch extravaganten Harnischs in einen antiken Helden. Künstler, die Meisterwerke dieser Art schufen, waren berühmte, hochbezahlte Spezialisten.

Bereits in der Kunst des Mittelalters dienten altertümliche Harnische dazu, biblische oder antike Personen zu kennzeichnen. In der Renaissance begannen Plattner, Harnische nach antiken Vorlagen herzustellen.

Fürsten und Heerführer trugen diese skulptural gearbeiteten Harnische bei Einzügen und anderen Festen. Durch das Anlegen eines Helmes mit Löwenkopf oder eines Muskelpanzers verwandelte sich der Träger in einen modernen Herkules oder Caesar.

Ab etwa 1550 änderte sich die all’antica-Mode: Harnische in antikisierender Form waren nicht mehr modern.

Die Plattner verzierten nun ihre zeitgenössisch geformten Harnische mit antiken Motiven. In kleinteiliger Treibarbeit, mit Einlegearbeiten in Gold und Silber, zeigten sie etwa die Heldentaten von Herkules und groteske Ornamente.

Auch weibliche Figuren der antiken Mythologie wurden im all’antica-Harnisch dargestellt. So zeigt Rembrandt die römische Kriegsgöttin Bellona (lat. bellum = Krieg) in einem Harnisch dieser Art. Auf ihrem Schild ist das Haupt der Medusa zu sehen. Ihr Helm ist in der Art eines antiken mythologischen Wesens geformt.

Trailer: Iron Men - Mode in Stahl
Trailer: Iron Men - Mode in Stahl
ÖGS, Gebärdensprache

„Harnische gehören zu den faszinierendsten Objekten der Geschichte und Kunstgeschichte. Heute werden sie allerdings oft missverstanden. Mit Iron Men - Mode in Stahl möchte ich neue, zum Teil überraschende Aspekte dieses Themas aufzeigen.

Die Ausstellung vereint einige der spektakulärsten Harnische aus den großen Sammlungen der Welt.

Ich hoffe, dass Iron Men - Mode in Stahl auch Sie begeistert und dazu anregt, sich näher mit unserer gemeinsamen Kultur und Geschichte zu beschäftigen.“

Stefan Krause, Ronald S. Lauder Direktor
Hofjagd- und Rüstkammer, Kunsthistorisches Museum Wien

Vorträge zur Ausstellung

The Martial Maid: Women in the Age of Armour
Chassica Kirchhoff, Detroit Inst. of Arts

Der geharnischte Mann der Renaissance – modisch gekleidet
Stefan Krause

Ottoman Impressions – Turkish-style Arms & Armour in Renaissance Europe
P. Terjanian